beschreibung einer doerflichen subkultur am beispiel von vereinen, hier im speziellen eines schuetzenvereins.
alles faengt samstag morgen an, erster tagesordnungspunkt ist das abholen des im jahr zuvor ermittelten schuetzenkoenigs. dieser wird jedes jahr durch den verein und eine kapelle abgeholt, wobei es in der sogenannten koenigsburg einen kleinen umtrunkt gibt. nach diesem umtrunk geht es gestaerkt wieder zum schuetzenhaus. auf dem weg wird noch am ehrenmal des dorfes halt gemacht und eine schweigeminute fuer die gefallenen der beiden weltkriegeeingelegt. im schuetzenhaus besteht die begruessung fuer alle die moechten oder koennen aus einem bier und korn, wobei letztes getraenk dazu benutzt wird, mehrfach auf die scheidenden koenige anzustossen. danach findet das obligatorische koenigsfruestueck statt. nach diesem wird der neue koenig ermittelt, was sich bis zum nachmittag hinzieht. dieser wird dann in einer feierlichen zeremonie und vor den augen aller proklamiert und danach in einem feierlichen akt per marsch nach hause begleitet (die neue koenigsburg), wo es wieder einen kleinen umtrunk gibt. danach ist ein bisschen freizeit und man trifft sich des abends auf dem schutzenball wieder. nach mehreren koenigsrunden (benannt nach dem sponsor) geht es in einer feierlichen tanzveranstaltung darum, moeglichst viel spass zu haben und noch mehr zu tanzen. dieses kann sich dann je nach alterschnitt des vereins bis zum morgengrauen hinziehen. am sonntag trifft man sich zur mittagszeit um die gastvereine, welche in einer feierlichen prozedur mit marschmusik auf den schuetzenplan einmarschieren, zu begruessen. der neue koenig stellt sich damit dem schuetzenkreis vor. danach gibts es verschiendene schiessspiele. am abend folgt noch ein weiterer schuetzenball, um quasi das ende des diesjaehrigen festes zu celebrieren.
soviel zum formellen teil.
bei uns, in meinem kleinen verein im norden, geschehen die dinge zwar grundlegend in dieser reihenfolge, jedoch gibt es kleine, aber feine unterscheide. der obligatorische musikzug ist bei uns zum beispiel eine sambamusiktruppe. die tradionalisten sehen hierdrin zwar einen verstoss gegen die regeln, dies ist unserem vorstand aber egal. auch unser koenig ist lockerer, als in den meisten vereinen. da wird schon mal eine burgerkingkrone oder ein sombrero dem koenig aufgesetzt. uniform ist aber trotzdem pflicht. hier und da eine kleine veraenderung aber geduldet. zb ein plueschtier an der uniformjacke befestigen. auch wird bei uns jedes jahr ein sogenannter spiegeleierkoenig ausgeschossen. da treffen sich dann eine handvoll angetrunkener schuetzen an der jahrmarktsschiessbude um mit einem gewehr einmal aus der linken hand, rechten hand und dann aus der huefte auf eine scheibe zu schiessen. danach wird eine zahl gewurfelt, und der arme mensch, der die dann geschossen hat, ist neuer spiegeleierkoenig. zu dessen aufgaben zaehlen nach allen baellen und laengeren feiern die noch vorhandenen leute zu sich nach hause einzuladen, um diese dort mit spiegeleiern zu versorgen, quasi als absacker. ihr koennt euch denken wie eine kueche nach 50 gebratenen eiern aussieht... grundreinigung :)
der alterschnitt ist durch diese feinheiten der traditionsauslegung niedirg wie sonst nirgends im bezirk.
eine lustige anekdote gibt es noch. im jahr 1939 wurde aus unserem verein heraus in einer bierlaune das dorf zur republik erklaert, was fast einen tag gehalten hat. dann kam die polizei aus der naechsten kreisstadt mit ein paar wagen und hat ein paar verantwortliche "befragt". danach wurde es wieder heim ins reich geholt. das einzige was aus dieser zeit noch vorhanden ist, sind die dienstabzeichen an den uniformen. wir haben noch alte wehrmachtsdienstgradabzeichen. unser jugendsprotleiter zum beispiel waere damals ein leutnant gewesen. ich mag das alles dort sehr, aus diesem grund fahre ich auch 3 stunden mit dem zug zum schuetzenfest :)
war mal wieder klasse, tanzen, feiern, trinken und neue menschen anwerben. (da hat unser praesident dieses jahr den hauptpreis in kreativen anwerben gewonnen, als zwei frauen auf seinem weissen hemd, auf dem ruecken ihre eintritterklaerung geschrieben haben) das zaehlt bei uns alles, bierdeckel, serviette und halt auch oberhemden... :)
meine fuesse tun weh und mein magen grummelt auch. mein platz ist heute auf dem sofa und ich habe wieder ein jahr zeit um meine kraftreserven aufzufuellen.
good night, good fight
May 22, 2006
born to be alive
Gepostet von daniel an 9:29 PM
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1 comment:
Wenn ich mir dass so durchlese, kann ich mir schon vorstellen, dass es Spaß macht. In meinem kleinen Örtchen war ich allerdings immer die absolute Außenseiterin, die höchstens mal zum Stadtfest, Osterfeuer oder Weihnachtsmarkt aufgetaucht ist, um mit den anderen Außenseitern ein Gläschen zu trinken. Mit den Dorfprolls besoffen auf den Tischen tanzen war (damals) nicht mein Ding. ;-)
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